Die Stadt Versailles

Die Geschichte der Stadt



 

Kapitel
Das ursprüngliche Versailles
Zur Zeit des Ancien Regime
Versailles im 19. Jahrhundert
Versailles im 20. Jahrhundert
Versailles heute



Das ursprüngliche Versailles


Versailles wurde erstmals im Jahre 1038 urkundlich erwähnt.
Ende des 11. Jahrhunderts hatte sich ein kleines Dorf um die Burg und die Kirche Saint-Julien entwickelt.
Die Landwirtschaft und die günstige Lage nahe Paris brachten dem Dorf Ende des 13. Jahrhunderts einen gewissen Wohlstand.

Der Hundertjährige Krieg (zwischen 1337 und 1453) hatte das Dorf stark in Mitleidenschaft gezogen. Nach dem Ende des Krieges nahm das Dorfleben wieder seinen Lauf. Zu dieser Zeit lebten rund 100 Einwohner hier.



Zur Zeit des Ancien Regime


Im Jahre 1561 wurde Martial de Loménie (Ratgeber des Königs; ermordet am 24.08.1572, während der Bartholomäusnacht) der neue Herr von Versailles.
Er erhielt die Erlaubnis, jährlich vier Messen sowie jeden Donnerstag Markt zu halten.
Zu dieser Zeit hatte Versailles rund 500 Einwohner.

1575 ging die Herrschaft von Versailles auf die Familie Gondi über.
Albert de Gondi, Duc de Retz, war gemeinsam mit 
Katharina von Medici nach Frankreich gekommen. Die Familie de Gondi wurde zu einer wohlhabenden und einflussreichen Familie. Der Enkel Henri de Gondi empfing in seinem Herrenhaus mehrfach König Henri IV; auch der junge König Louis XIII. wurde ab 1610 zu den Jagdgesellschaften nach Versailles eingeladen.

Louis XIII fand Gefallen an dieser Gegend. Und so kaufte er 1622 eine Waldparzelle für seine Privatjagden.
Im Jahr 1624 vergrößerte der König seinen Versailles-Besitz und beauftragte seinen Architekten Philibert Le Roy, ihm auf der Spitze eines Hügels einen Jagdpavillon zu errichten.
Am 11.11.1630 fand in eben diesem bescheidenen Schlösschen der 
Journée des dupes (dt.: Tag der Geprellten) statt, an dem der soeben abgesetzte Kardinal Richelieu den König vollends auf seine Seite zog, was den Bruch zwischen Louis XIII und dessen Mutter Marie de Médici sowie die Entmachtung des Adels und den Beginn des Absolutismus' zur Folge hatte.

1632 kaufte König Louis XIII. Jean-François de Gondi, dem Erzbischof von Paris und letzten Herr von Versailles, die Herrschaft über ganz Versailles schließlich für 70.000 Livres ab. Zwischen 1632 und 1634 fanden einige Erweiterungs- und Änderungsarbeiten am Schlösschen statt. Die von Philibert Le Roy begonnenen Baumaßnahmen wurden von Jacques Boyceau und Jacques de Menours fortgeführt.

Zur Zeit des Todes von Louis XIII im Jahre 1643 hat Versailles 1.000 Einwohner.

Nicht ganz 20 Jahre später, 1661, entdeckte auch Louis XIV sein Interesse für Versailles. Sein Plan: Paris den Rücken zukehren - der Stadt, die für ihn während der Fronde 1648-1653 zum Gefängnis wurde.
Und so begannen die großen Arbeiten zum Ausbau des väterlichen Jagdschlosses zu einem Palast und Herrschersitz.

Zu günstigen Konditionen und Bedingungen verkaufte der König 1671 und 1672 Versailler Land an die Hohe Gesellschaft und lockte diese sowie den Handel damit nach Versailles.
Aus dem einstigen Dorf wurde eine Großbaustelle, aus der schließlich nach und nach eine Stadt entstand.
Zu den beiden Hauptstraßen gen Osten, die nach Paris und Saint-Cloud führen, kam eine weitere Route, Richtung Sceaux, hinzu. Diese Straßenführung nahm die Gestalt eines Dreizacks ein, der in der Place d'Armes, vor dem Schloss, mündete.
Die zwischen 1679 und 1682 errichteten 
Großen und Kleinen Stallungen vollendeten dieses Ensemble.
Entlang der drei großen Routen entstanden nach und nach die neuen Häuser des Adels, mit hübschen Dekors und Gärten
.

Der Südbereich des alten Dorfes wurde abgerissen, um Platz für die Grand Commun zu machen, die die Schlossverwaltung beherbergte.
Auch das neue Couvent des Récollets und diverse noble Wohnungen wurden hier errichtet. Es entstand in diesem Gebiet zudem das Quartier 
Saint-Louis.

Einem Dame-Brett ähnelnd, entwickelte sich im Nordbereich des alten Dorfes die Neustadt - rund um die Kirche Nôtre-Dame, die die alte Kirche Saint-Julien ersetzte.

Eine strenge Regelung schrieb vor, dass die Gebäude nicht mehr als eine Etage haben durften. Zudem wurden Dachgeschosse à la Mansart verlangt, die dem des Schlosses glichen. So konnte eine große Bau-Harmonie gewährleistet und zugleich verhindert werden, dass Gebäude die Sicht vom und auf das Schloss versperrten.

Administration, Gerichtsbarkeit, Polizei und die Wasserversorgung wurden organisiert, um das Stadtleben zu ermöglichen. Ein Netz aus Abwasserkanälen entstand; Kippkarren holten die Abfälle ab.
Der König ließ auf eigene Kosten die Straßen pflastern; für die Beleuchtung und Reinigung der Gassen kamen die Bürger selbst auf.

Die einstigen strengen Regeln zur Stadtbebauung mussten jedoch bald gelockert werden. Immer mehr Wohnfläche wurde benötigt, da die Bevölkerung immer schneller zunahm: 1722 wohnten 24.000 Menschen in Versailles; 1744 waren es schon 37.000.

Zu Zeiten der Könige Louis XV (König seit 1715) und Louis XVI (König seit 1774) änderte sich das Aussehen der Stadt erheblich.
Aus diesen Regierungszeiträumen stammten ein Großteil der wichtigen Gebäude, die man heute noch bewundern kann: Hôtel des Menus Plaisirs, Hôtel de Madame de Pompadour, Couvent de la Reine, Cathédrale Saint-Louis u.v.m.
1777 wurde das Theater errichtet - das heutige Théâtre Montansier.

Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 läutete die Französische Revolution ein und brachte auch eine Wende in der Geschichte der Stadt Versailles.
Viele Adelige flohen im Zuge der Ereignisse des Jahres 1789 nach und nach aus Frankreich und ließen ihre Versailler Besitztümer herrenlos zurück.

Am 6. Oktober 1789 wurde auch die Königsfamilie gezwungen, die Stadt zu verlassen - nachdem Louis XIV einst aus Paris floh, holte das Volk nun seinen König (Louis XVI) in die Hauptstadt zurück. Die französische Regierung befand sich fortan wieder in Paris.



Versailles im 19. Jahrhundert


Trotz der Anstrengungen, die Einwohner in Versailles zu halten, fand zwischen 1790 und 1824 eine regelrechte Entvölkerung statt: zählte die Stadt 1790 noch 50.000 Einwohner, waren es 1824 nur noch 28.000.
Versailles fiel im 19. Jahrhundert in eine Art Dornröschenschlaf und diente als mystischer, sentimentaler und nostalgischer Wallfahrtsort.

Erst der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 sowie die Pariser Kommune 1871 rückten Versailles wieder in den Vordergrund der Geschichte.
Während der preußischen Belagerung der Stadt vom 18.09.1870 bis 12.03.1871 diente Versailles als Hauptquartier der Preußen.
Nach dem Sieg der deutschen Truppen, wurde im Spiegelsaal des Versailler Palastes der preußische König als Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser proklamiert.

Mit dem Abzug der Deutschen und dem Beginn der Pariser Kommune im März 1871, richtete sich die französische Regierung wieder in Versailles ein und das Parlament tagte im Schloss.
Für einige Zeit dachte man sogar darüber nach, den Regierungssitz in Versailles zu belassen, um dem aufrührerischen Klima in Paris auch in der Zukunft zu entgehen.
Auch die entgültige Wiederherstellung der Monarchie, die während der letzten Jahrzehnte immer wieder auflebte, war im Gespräch.
Doch der immer stärker werdende linke Flügel der Regierung überstimmte die Befürworter der Monarchie und im November 1879 wurde Paris schließlich als entgültiger Sitz der Regierung bestimmt.

Dies war das Ende der Macht von und in Versailles.
Die Bewölkerung war zwischenzeitlich in 1872 auf 61.686 Einwohner gestiegen.
Durch den Umzug der Regierung nach Paris erlitt Versailles jedoch einen herben Rückschlag in seiner Einwohnerzahl: zur Zeit der Volkszählung 1881 lebten nur noch 48.324 Menschen in der Stadt.

Weitere Ereignisse im 19. Jahrhunderts:


In der Galerie des Cotelles, im Grand Trianon, fand im Oktober 1873 der Prozess gegen den Maréchal François-Achille Bazaine vor dem Kriegsgericht statt.
Im Deutsch-Französischen Krieg hatte Bazaine als Befehlshaber der französischen Rheinarmee, die mit ca. 170.000 Mann in der Festung Metz eingeschlossen war, kapituliert. Dies sorgte in ganz Frankreich für großen Zorn und Hass auf Bazaine.
1872 verhaftete man den Marschall und stellte ihn vors Kriegsgericht. Unter dem Vorsitz des 
Duc d'Aumale erklärte das Kriegsgericht Bazaine unter dem Druck der öffentlichen Meinung am 10.12.1873 einstimmig für schuldig und verurteilte den Marschall zur Degradierung sowie zum Tode. Die Strafe wurde jedoch auf ein Gnadengesuch hin in zwanzigjährige Haft geändert.

Am 16. Dezember 1873 wurde die École nationale supérieure d'horticulture gegründet und im Gemüsegarten des Königs installiert.

Im Jahre 1876 wurde die Gesellschaft der Tramways de Versailles (auch: Tramways Versaillais) gegründet. Es kamen erst Straßenbahnen mit Pferdezug zum Einsatz.
Seit einer Modernisierung im Oktober 1895 wurde das Straßenbahnnetz schließlich elektrisch betrieben.

Am 14. Oktober 1897 erlebte der französische Luftfahrtpionier und Erfinder Clément Ader in Versailles seinen größten Misserfolg:
Nachdem sein fledermausartiges, mit Propellern betriebenes Flugzeug bereits 1890 erfolglos zu Boden stürzte, erhielt Ader dennoch weiterhin die Unterstützung der französischen Regierung.
Doch beim nächsten Versuch 1897 scheiterte er abermals, als sein Flugzeug auf dem Militärgelände von Satory in Anwesenheit einer offiziellen Kommission nur kurze "Hüpfer" und lediglich einen Flug von höchstens 300 m Weite und 20 cm Höhe vollführte.
Die Regierung entzog Ader daraufhin ihre Unterstützung. Dennoch stellte Aders Flugobjekt einen Meilenstein in der Entwicklung der Motorkraft-Luftfahrt dar.



Versailles im 20. Jahrhundert


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erreichte Versailles wieder die Einwohnerzahl, die es zuletzt 1790 hatte: die Volkszählung 1901 bestätigte 54.982 Einwohner, 1911 waren es bereits 60.458.

Bis 1914 verlief das Versailler Stadtleben relativ ruhig. Höhepunkte waren die hochrangigen Stadtbesuche einiger gekrönter Häupter, bekannter Schriftsteller und Künstler.

1919 stand Versailles erneut im Rampenlicht der Weltgeschichte: die im Palast und im Grand Trianon unterzeichneten Friedensverträge beendeten den Ersten Weltkrieg.

In der Nachkriegszeit begannen die Pariser Vorstädte, einschließlich Versailles, sich stark auszubreiten. Und so wurde die Stadt Versailles der französischen Hauptstadt allmählich angegliedert.
Versailles erlebte zu dieser Zeit ein starkes demografisches und wirtschaftliches Wachstum und verwandelte sich in eine bedeutende und große Vorstadt des Pariser Großraums.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Versailles vom 14.06.1940 bis 24.08.1944 von deutschen Truppen belagert. Die schlimmste Bombardements erfolgten im Februar und Juni 1944. Diese betrafen besonders den Bahnhof Versailles-
Chantiers und den Ortsteil Satory und forderten 300 Todesopfer. 

In den 60er- und 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde Versailles zum administrativen und gerichtlichen Zentrum und führte bald die westlichen Pariser Vorstädte an.
Versailles gilt als schicke Vorstadt, die sehr gute Zuganbindungen an Paris hat.



Versailles heute

« Satellitenbild: Versailles heute »


Wenngleich Versailles in politischer Hinsicht heute keine Rolle mehr spielt, hat es die Stadt dennoch geschafft, sich zu behaupten und modern und attraktiv zu bleiben. Nicht zuletzt ist dieser Erfolg auf einen der größten Besuchermagnete Frankreichs zurück zu führen: den Palast von Versailles.
Mehr als 4 Mio Besucher kommen jährlich nach Versailles und bekommen von der Stadt und seinem Schloss ein umfangreiches und illustres Unterhaltungsprogramm geboten.

Doch hat die Stadt auch andere Attraktionen zu bieten. Sie bildet zudem einen Teil der Pariser Kunstszene.


Schloss von Versailles:

» zur Geschichte des Schlosses von Versailles

 

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